Donnerstag, 8. November 2012

Linien


Früher zeichneten wir von Hand. Über eine Reißschiene gebeugt, mit Dreiecken unterschiedlicher Größe hantierend. Ich mochte das Geräusch von Rapis auf festem Transparentpapier, die tiefe Schwärze der Tusche. Falsches wurde mit einer Rasierklinge weggekratzt. Einmal musste ich die Perspektive einer Lamellenfassade konstruieren: Dutzende von Linien, die auf einen Fluchtpunkt laufen. Eine Seite des Lineals wurde fixiert, während die andere immer ein kleines Stückchen weiter rückte. Mühsam, aber erfüllend. Zeichnen war eine meditative Beschäftigung.

Ein paar einfache Linien, und es entsteht Raum auf dem Papier. Ich liebe diese Art von Zeichnungen. Reduziert und sachlich, ohne große Effekte, aber - wie ich finde - auch von großer Schönheit. Ich mag es, Grundrisse und Schnitte zu betrachten, Pläne zu verstehen, mir das Gebäude vorzustellen und in Gedanken durch seine Räume zu wandern.


Vor langer Zeit habe ich einem Freund eine Verkehrsinsel "geschenkt", weil er davon träumte, eine eigene Insel zu besitzen. Ich habe sie fotografiert, vermessen, beschrieben, gezeichnet (mitsamt Baum, Holzplattform, Gullis, Pömpeln, Verkehrsschildern, Bordsteinen, Pflastersteinen und Granitplatten) und aus allem eine Art Verkaufsprospekt mit Besitzurkunde erstellt. Spleenig, nicht wahr...?

Mehr Linien gibt es heute bei Nic.

15 Kommentare:

  1. Schöne Bilder und schön geschrieben. Die Idee mit der Verkehrsinsel finde ich klasse!
    LG Astrid

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  2. Schön! Ich mag Architektur-Pläne: alles ist so klar. Die handgezeichneten mag ich eindeutig lieber (Habib und Ex-Freund = jeweils Architekten ;)

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  3. Hihi...da kommen alte Erinnerungen hoch, ich hab sogar noch eine versehentliche Mini-Tätowierung vom Rapi, weil ich mich mal gestochen habe. Heute plane ich alles am CAD in 3D, ich würde es nicht mehr missen wollen, wie oft habe ich mich über die Rasierklingenspuren geärgert und Bleistiftpläne...uärks, die hab ich als Linkshänder immer irgendwie vermasselt.
    Lg Carmen
    Die die Inselidee total cool findet!

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  4. Oh ja - ein Hoch auf die Handarbeit. Hat in meinen Augen viel mehr Charme... aber in der heutigen Zeit... schnell, schnell... schade... Wohl dem, der eine Verkehrsinsel hat und dort einen Augenblick verschnaufen kann. Liebe Grüße, Marja

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  5. Ich weiß auch genau, was du da beschreibst, bin ich doch Grafik-Designerin. Ein Spruch aus meiner Studienzeit lautete, "die gerade Linie ist gottlos" , damit haben wir uns motiviert, wenn gerade mal wieder was schief gegangen war
    Die geschenkte Verkehrsinsel ist nicht spleenig, sondern zeugt davon, dass du genau hingehört hast und versucht hast Träume wahr werden zu lassen, -was kann man sich mehr wünschen, als Freund. Lg Heike

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  6. Mein Herr Z., ebenfalls Architekt, blickt auch sehnsüchtig auf die "alten Zeiten", bei denen alles noch per Hand gezeichnet wurde...

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  7. Da schaue ich auch ein wenig wehmütig zurück, als wir die Hände noch voller Bleitiftschwärze hatten, Ausbesserungsarbeiten kein "einfaches" Verschieben von Wänden war und Rasierklingen so manches Mal ein Loch ins Transparent säbelten. Das waren noch Zeiten. Und warum auch immer hatten Bauherren komischerweise dennoch die Zeit um die Änderungen nicht an einem Tag haben zu müssen.
    Wieso geht das heute alles nicht mehr?

    Handzeichnungen sind immer noch meine Lieblingshingucker. Grundrisse und Schnitte lese ich wie andere Romane und wandle dabei ebenso durch das Haus wie du. (Architekten eben :-))

    Und dein Trauminselprojekt ist großartigst!

    Einen lieben Gruß

    Katja

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  8. Da kann ich auch nur wissend nicken. Man denke auch an die riesigen schweren Zeichplatten mit Schwingarm-Lineal! So ein Ungetüm steht noch zerlegt bei mir im Keller, weil ich ihn im Leben nicht mehr da wegbewegt kriege...*lach*
    Auch mir gefallen handgezeichnete Pläne wesentlich besser, aber mal ehrlich: zurück vom Rechner will man nicht mehr! Wie fix kann man jetzt was ändern und verschiedene Perspektiven erstellen. Und ganz ohne Handskizzen kommt man ja zum Glück doch nicht aus, zumindest nicht in der Entwurfsphase.
    Übrigens, die Sache mit der Insel ist einfach nur wundervoll! Bestes Freundinnengeschenk, das der Beschenkte gekriegt hat, würde ich sagen!

    LG
    tanïa

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  9. toll, wenn Linien in die dritte Dimension führen… und so eine Insel hätte ich auch gerne! Liebe Grüsse!

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  10. ja die insel müsste aber geheim sein, damit man sich dort verkrauchen kann und sein kann wie man ist ;)

    du bist auf der liste!

    liebe grüße . tabea

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  11. total schön. Ohne Lineal bin ich nicht mal in der Lage einen geraden Strich zu zeichnen. Ernsthaft.
    Herzliche Grüße, Mella

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  12. Spleenig? Ja, ein bisschen. Aber voll lieb gemacht!
    Schau auch mal bei mir rein, würde mich freuen…
    LG
    Christiane
    http://bikelovin.blogspot.de/

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  13. Waaaaaahnsinnig toll geschrieben!!! Wundervolle Idee!!! Solche Freunde braucht man, die sogar in Linien und schwarz und weiß einfach bunte Bilder in deinen Kopf zaubern *_*

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