Vom 31. Januar bis 4. Februar 2018 fand hier in St. Petersburg das Patchworkfestival Tradizia [фестивале лоскутного шитья «Традиция»] unter dem Thema "Bis zum letzten Stofffetzen" ["До последнего лоскутка"] statt, und ich habe die Hauptausstellung besucht und möchte allen, die es interessiert, davon berichten. Ich kenne kaum Quilter/innen persönlich, so dass ich so gut wie nie Werke von Anderen sehe. So eine Ausstellung ist daher ein absolut außergewöhnliches Ereignis. Es gibt sie wirklich - nicht nur auf Fotos! An jeden einzelnen Quilt heran treten zu können, bis die Nase fast den Stoff berührt, und die Materialien, die Strukturen, die Nähte bis ins Detail studieren zu können, das ist nicht nur wahnsinnig interessant und inspirierend - mich macht es euphorisch.

Eine große Freude war es,
Tanya Munro aus Dubna kennenzulernen, die die
Modern Quilt Gruppe [Новый современный квилт] der russischen Quilters' Guild leitet und eine der Teilnehmerinnen unserer
Improv-Quilt-Bee ist. Ich liebe es, wenn virtuelle Kontakte echte werden, vor allem, wenn sie so nett und sympathisch sind, wie man es sich vorgestellt hat. Auf dem Bild steht Tanya vor ihrem wunderschönen, regelrecht funkelnden Quilt
"Little Big Scrap Universe" [123x123 cm], der eine Auszeichnung bekommen hat. Am Samstag wusste sie noch nicht, welche - erst bei der Preisverleihung am Sonntag erfuhr sie, dass es der Grand Prix in der Kategorie "Moderner Einsatz von traditionellen Techniken und Ornamenten" war!
Nebenbei: Für das Projekt Iron Board Cover der Russian Quilters' Guild hat Tanya diesen
Patchwork-Bügelbrettbezug genäht. 100% improvisiert und so schön fröhlich und bunt, mit freihändigen, schwingenden Linien gequiltet.
Von einer weiteren Teilnehmerin unserer Improv-Quilt-Bee,
Olga Stang aus Lippstadt, stammt dieser atemberaubende Quilt mit dem Namen
"Erinnerungen an Oma" [106x106 cm]. Von weitem erinnert er an eine Spitzendecke mit aufgestickter Kreuzstich-Rose. Von Nahem betrachtet erkennt man, dass es sich um ein Patchwork aus
lauter kleinen Stoffstückchen handelt. Und das Weiß um die Rose herum ist gar
kein Weiß, sondern besteht aus verschiedenen ganz
hellen Tönen. Der Quilt ist durchdacht bis ins kleinste Detail - wie die Bordüre aus aufgenähten Miniperlen oder den geschwungenen Rand.
Es gab eine Vielzahl weiterer wunderbarer Quilts zu sehen - hier nur eine kleine Auswahl:
Quilt "200 Shades of Grey" [105x105 cm] von O. Krylova aus Moskau.
Quilt
"Drei Farben. Rot" [157x136 cm] von O. Vosnitsina aus Odinzowo. Die Hand nur zum Größenvergleich... (!)
Quilt
"Herbst" [122x170 cm] von Maria Malinovskaya aus Dallas.
Und, auch äußerst beeindruckend: Die gepatchte und bestickte Jacke von Natalia Kapaeva. Mehr Bilder vom Festival findet Ihr
hier.
Mein Fazit: Es war eine Ausstellung von vielen schönen, teilweise
unglaublich aufwendigen und kleinteiligen Arbeiten, in denen Millionen
von Stunden Fleißarbeit stecken. Zwei kleine Kritikpunkte habe ich: Die Art der Präsentation war ungünstig - es war schade, dass Bereiche vieler Quilts von Gegenständen verdeckt waren, die zur Stablisierung der Ausstellungswände dienten, so dass man nicht alle Quilts im Ganzen sehen und fotografieren konnte. Und: Für Besucher aus dem Ausland wäre es hilfreich, wenn die Informationen zum Festival im Internet auf Englisch zu finden wären.
Ich freue mich schon auf die Ausstellung von mehr als 50
"Dear Jane" Quilts, die ich diese Woche besuchen möchte.