Donnerstag, 21. September 2017

Post Kunst Werke [und ich]

Michaela und Tabea, die beiden Mail Art Künstlerinnen vom schönen Post Kunst Werk Blog, haben dazu aufgerufen, unsere virtuellen Ateliers sichtbar zu machen, uns vorzustellen und von unserem Werken zu erzählen. Das mache ich doch gern - willkommen in meinem Arbeitszimmer!

Das bin ich: Mond (mein Pseudonym, unter dem ich in der Bloggerwelt unterwegs bin), Anfang Vierzig, von Beruf Architektin, seit sechs Jahren Bloggerin und ansonsten passionierte Hobbyschneiderin, Quilterin, Stickerin und Bastlerin. Seit wir im Sommer 2015 von Berlin nach St. Petersburg gezogen sind, arbeite ich nur noch an verschiedenen kleinen Projekten und habe daher mehr Zeit als früher für meine architekturfernen Leidenschaften. Auf meinem Blog zeige ich überwiegend Genähtes für meine Kinder oder mich selbst. Außerdem gibt es hier Quiltprojekte und Stickereien, an jedem 12. des Monats 12 Bilder des Tages und jeden Freitag ein Rebus.

Als Michaela vor fünf Jahren zum allerersten Mal fragte, wer Lust habe, sich gegenseitig Sommerpost zu schicken, habe ich mich sofort gemeldet. Ich habe schon als Teenager gerne Briefe geschrieben und bekommen, aber im Laufe der Zeit wurden es immer weniger, bis der Briefkasten leer blieb. Festzustellen, dass es durchaus auch Andere gibt, die noch von Hand schreiben, die Briefumschläge aus Zeitschriftenseiten basteln, bestempeln oder bekleben und auf der Post extra nach bunten Marken fragen, war einfach toll.

Seitdem war ich schon oft bei den Post Kunst Aktionen dabei. Ich habe gestemptelte Tannenbäume umstickt und rot-weiße Bänder geflochten, dufte die Gastgeberin für den Sommer in der Schachtel sein, habe Mondmarken bemalt und Vögelchen kartoffelgedruckt, zum allerersten Mal ein Buch gebunden, ein Birkenwäldchen mit Agar gedruckt, das R vom Frühling gestickt, einen Katzen-Tetrapackdruck geschnitzt, Stoff im Siebdruckverfahren mit Fischen bedruckt, ein Rapportmuster entworfen und gestempelt, ein Minibuch gebunden und zum ersten Mal einen Sonnendruck auf Stoff probiert.

So manches Mal sind die Post Kunst Aktionen eine echte Herausforderung für mich, weil ich aus einer anderen Ecke komme und normalerweise mit anderen Materialien arbeite: Nähen und Sticken, Stoff und Faden sind mir so viel vertrauter als irgendeine bestimmte Art von Druck oder Buchbindung. Manche der Teilnehmerinnen haben sich möglicherweise schon mit der Technik beschäftigt, die bei einem Projekt verwendet werden soll. Bei mir ist das oft nicht der Fall.

Seit Michaela und Tabea den Anspruch der Aktionen hochgeschraubt haben und Kunst fordern, keine Bastelei, habe ich manches Mal Zweifel, ob ich wirklich mitmachen und das leisten kann - besonders, wenn mir die Technik nicht bekannt ist. Aber der Reiz ist dann doch größer als die Unsicherheit (schließlich beschäftige ich mich ja auch bei meinen sonstigen Arbeiten mit Mustern, Farben und Motiven), und deshalb wage ich es doch meistens. Meine Beiträge zu den Post Kunst Aktionen sind sicher nicht perfekt, aber immer mit Herzblut gemacht.

Wie nähert man sich einem neuen Thema? Bei mir geschieht das oft mit Hilfe von Skizzen. Als Architektin habe ich früher viel von Hand gezeichnet, und auch bei den meisten Nähprojekten wird bei mir am Anfang drauflos gekritzelt. Ich mag es, mit dem Stift in der Hand hin- und her zu probieren, mal auf losen Zetteln, mal in einem Skizzen- oder im Tagebuch. Manchmal träume ich auch beim Spazierengehen oder Metrofahren vor mich hin - Kopfkino, unterwegs.

Oft schiebe ich das Ausprobieren einer neuen Technik erstmal auf, weil ich mich nicht recht traue. Dabei macht es eigentlich immer Spaß und wird bloß unter Zeitdruck nicht besser. Stempelschnitzen und Tetrapackdruck fand ich nicht schwierig. Das erste Agar-Anrühren ging völlig in die Hose, aber dann war das Arbeiten mit der Glibbermasse reizvoll, weil das Ergebnis nicht vorhersehbar war. Siebdruck lässt sich, wie ich herausfand, selbst mit improvisiertem Zubehör machen - einem Stickrahmen, einem Rest Tüll und einer alten Kreditkarte. Die Sonnendruck-Technik ist herrlich einfach und irgendwie magisch. Und selbst das Buchbinden kann man als Laie mit Hilfe einer guten Anleitung lernen. 

Am meisten arbeite ich in meinem Arbeitszimmer, und dort am liebsten auf dem Boden. Dieser dunkelbraue Teppich taucht deshalb auch auf vielen meiner Fotos auf. Ich dokumentiere gerne den Entstehungsprozess. Erstens schaue ich selbst gerne Anderen beim Werkeln über die Schulter. Zweitens erinnert man sich damit im Nachhinein besser an Fehler, die man gemacht hat, oder findet Verbesserungsmöglichkeiten. Und drittens ist es nett, eine Erinnerung zu haben, da die Werke ja später in alle Himmelsrichtungen verschickt werden.

Jedes Mal lerne ich etwas dazu. Zum Beispiel, dass es wichtig ist, gutes, stabiles, haltbares Material zu verwenden. Und dass es Sinn macht, eine Technik vorher ausreichend zu probieren und, falls nötig, auch mehrere Anläufe zu unternehmen, bis man hundertprozentig zufrieden ist.

Und wenn dann die Werke der Anderen ankommen und man sich täglich oder wöchentlich über aufwendig gestaltete Umschläge und handgeschriebene Karten freuen und all die unterschiedlichen Ausführungen bewundern kann und alles zu einem Gemeinschaftswerk zusammenwächst - dann ist das einfach nur großartig. Wie schön, dass es immer wieder neue Post Kunst Aktionen gibt. Ich freue mich schon auf die nächste!

13 Kommentare:

  1. Schön zu sehen, wie all die tollen Werke entstehen und wer genau dahinter steckt. Hat mir Spaß gemacht, Dein virtuelles Atelier zu besuchen. Danke dafür und herzliche Grüße zu Dir. Angelika

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  2. liebe mond. nun sitzt du in der galerie eine weile neben mir, was mich sehr freut. denn auch dein blog ist für mich einer der ersten, den ich für mich entdeckte und in meine blogrolle aufnahm. um nichts zu verpassen. toll, dass du so spontan bei dieser aktion mitgemacht hast!
    und nein, keine bedenken bitte! deine arbeiten sind immer aus einem guss und sehen nach dir aus und sind rundherum erfreulich ;o)

    liebe grüße . die tabea

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    1. Es freut mich, dass Du das sagst. Ein bißchen Zweifel lassen einen ja auch wachsen :-)

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  3. Schön zu lesen und toll , das du dir dafür so viel Zeit genommen hast.Ich habe zur selben Zeit angefangen an den Aktionen teilzunehmen und glaube lese auch seit der Zeit bei dir.Auf der eine Seite schade, dass du so weit weg bist , um dich mal zu treffen, auf der anderen Seite schön, dass wir uns alle totzdem lesen und sehen.Und vielleicht sind wir bei der nächstens Aktion wieder in einer Gruppe.Ganz herzliche kreative Grüße von Karen

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    1. Ich finde es auch schade, dass ich so weit weg bin. Ich würde Dich (und überhaupt: Euch) auch zu gerne mal treffen. Vielleicht gibt es ja mal ein Treffen in Schulferienzeiten? Dann könnte ich vielleicht dazu kommen, würde mich riesig freuen!

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  4. Spannend, was du so alles machst. Mir hat es großen Spaß gemacht in deinem virtuellen Atelier zu stöbern. Deine Quilts habe ich mir auch angesehen. Sehr schön!
    Liebe Grüße
    Dorthe

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    1. ... und ich habe über diesen Kommentar von Dir Deinen Blog gefunden! Wie konnte ich ihn bisher nicht kennen? So viel schöne Quilt-Inspirationen. Von jetzt an werde ich mitlesen!

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  5. Wie schön, mehr von Dir zu erfahren. Auch wir haben ja schon eine Adventskarte gewechselt. Seitdem bin ich Leserin auf Deinem Blog. Vielen Dank für die schönen Bilder, die Einblicke in Dein Petersburger Leben.
    Liebe Grüße Elke

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    1. Ich war gerade in Deinem Atelier zu Besuch und habe mich mit großem Vergnügen dort umgesehen. Wie schön!

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  6. Liebe Mond!

    Lieben Dank für Deinen sehr interessanten und umfangreichen Bericht und die vielen schönen Fotos.

    Und zu Deinen Bedenken: das sehe ich wie Tabea, denn ich bin stolze Besitzerin Deines bezaubernden blau-goldenen russischen Frühlingspostbüchleins mit Borschtsch-Rezept. Das war sehr originell.

    Liebe Grüße von der Uta

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    1. Danke, liebe Uta! Bei dieser Aktion hatte ich übrigens völlig überlesen, dass es ein Frühlingsbüchlein werden sollte ;-)

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  7. Danke für die Einblicke, ich lese gerne auf deinem Blog und staune oft über deinen Ansatz und die Umsetzung. Schön, dass du Dich hier so ausführlich vorstellst. Oft konnte ich mich in deinen Sätzen wiederfinden. Ich bin auch eher textil unterwegs, geniesse aber die Herausforderungen der Postkunstaufgaben.LG Ute

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