Sonntag, 26. Mai 2019

Stoffspielereien: Heimat

"Heimat" heißt das Thema der Stoffspielereien im Mai, Frau Nahtlust sammelt dieses Mal die Beiträge, und ich dachte ernsthaft, dass ich dieses Mal nicht mitmachen würde. Heimat, ein schwieriges Thema. Meine Heimat ist eine kleine Stadt in Ostwestfalen, die ich vor einem Vierteljahrhundert gegen meine Wahlheimat Berlin getauscht habe, aber seit vier Jahren lebe ich im Ausland, und in der Fremde fühlt sich die Heimat sehr weit weg an. Manchmal freue ich mich schon, wenn ich einfach mal meine Muttersprache sprechen kann.

Nichtsdestotrotz fingen die Gedanken an zu kreisen. Bei Heimat denke ich nicht nicht an Grünkohl, Pumpernickel oder Westfälischen Schinken, nicht an irgendwelche Trachten, Muster oder den örtlichen Schützenverein. Ich habe ein Zuhause, das ich gerne besuche. Aber ist das, was Heimat genannt wird, nicht mehr als ein Haus und seine Menschen und das Städtchen drumherum? Ich recherchierte den Begriff und stolperte dabei über einen Artikel über Heimat-Tattoos. So groß kann die Heimatliebe sein!

Es gibt etwas, das ich mit dem Begriff Heimat verbinde, fiel mir irgendwann ein. Wenn man mit dem Zug von Berlin nach Westen fährt, durchquert man die Porta Westfalica, das "Westfälische Tor". Dort fließt die Weser durch einen Durchbruch zwischen Wiehen- und Wesergebirge. Auf der einen Seite liegt die gleichförmige platte Norddeutsche Tiefebene, auf der anderen die hübsche grüne Hügellandschaft Ostwestfalens. Beim Durchqueren der Porta empfinde ich jedes Mal ein schönes Gefühl von Nachhausekommen. Ein Tattoo würde ich mir davon nicht stechen lassen. Aber wie wäre es mit einem temporären Tattoo zum Überstreifen für sentimentale Momente...?

Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat werden die Links mit den neuen Werken gesammelt - auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.

22 Kommentare:

  1. Nein, liebe Mond, wie genial ist das denn? Temporäre Tatoos kenne ich nur als profane Version zum Aufbringen mittels Wasser, aber so ein STofftatoo ist ja doch ganz famos und absolut entzückend! Und noch dazu ist es dir so gut gelungen. Wie toll du dich immer auf solche Themen einlässt, wirklich jedes Mal bwundernswert. Ja, wenn die Heimat weit weg ist, denkt man anders darüber nach. Das ist mir auch aufgefallen, als ich zwei Mal für je 1 Jahr im Ausland gelebt habe. Dann relativieren sich Dinge, man schätzt anderes, ist froh, dass man gewisse Dinge nicht mehr hat... ach, ein schönes Thema ist das doch, diese Heimat! LG. Susanne

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    1. Danke, Susanne, für die schönen Worte! Danke für das interessante Thema. Es muss einem ja nicht immer leicht gemacht werden - manchmal ist es toll, tagelang über so etwas nachzudenken und dann doch auf etwas zu kommen...

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  2. Das ist eine coole Idee - aber so wird die Heimat doch ein wenig greifbarer - und kann bei Bedarf auch abgelegt werden!
    Die vollflächige Stickerei ist wunderschön und gut zu identifizieren.
    Liebe Grüße in die Ferne
    Ines

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    1. Dankeschön, Ines! Vollflächig musste es werden, damit man die Knoten nicht auf der Vorderseite sieht.
      Liebe Grüße zurück!

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  3. Liebe Clara, ich kann dich so gut verstehen. Mir gibt das Thema immer so viel Denkstoff. Mittlerweile ist Heimat für mich immer mehr ein Gefühl, denn ein Ort.
    Liebe Grüße Ute

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    1. Das stimmt, so denke ich auch oft. Neben der Heimat gibt es ja auch andere Orte, an denen man sich zu Hause fühlen kann - an denen man sich entspannt, fröhlich, sicher fühlt...

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  4. Liebe Clara, wie spannend, dass auch bei Dir die Heimat mit der Sprache verbunden ist! Ich habe längere Zeit in Brasilien gelebt und mich dort sehr heimatlich gefühlt - schade, dass das bei Dir so ganz anders ist. Aber Dein temporäres Tatoo finde ich eine sehr spannende und auch lustige Idee! Und es kommt mir bekannt vor: Wenn ich mit dem Zug "nach Hause" zu meinen Eltern fahre, gibt es eine Streckenstück entlang der Salzach, ein ganz enges Tal. Wenn der Zug das verlässt, ist Zell am See - und damit mein Ziel - nicht mehr weit. Danke Dir, Du hast das sehr greifbar beschrieben! lg, Gabi

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    1. Danke, Gabi! Vielleicht liegt dir Portugiesisch mehr als mir Russisch? Ich mag St. Petersburg sehr und fühle mich hier auch (momentan) zu Hause - aber die Sprache will und will nicht flutschen.
      Liebe Grüße zurück!

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    2. Das kann sein. Nach drei Monaten war ich fließend und habe auf Portugiesisch geträumt, nach 12 Monaten hat man mich gefragt, aus welchem brasilianischen Bundesstaat ich komme. ;-) Ich war dort aber auch allein und bin komplett eingetaucht, habe fast nie Deutsch sprechen können. Mit Russisch habe ich keine Erfahrungen, aber ich kann gut verstehen, wie mühsam das ist. Auch wenn man immer wieder auf den Aktzent usw. angesprochen wird. Sprache ist wirklich ein ganz, ganz wichtiger Teil vom zuhause Fühlen!

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    3. Als ich mit 24 Jahren ein Jahr in Frankreich war, ist mir das Französisch lernen auch nicht schwer gefallen... aber es ist etwas Anderes, wenn man älter ist und eben nicht alleine...

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  5. Oi, das beschreibt ganz genau und exakt mein Heimatgefühl auf dem Weg von Berlin nach Westen. Was für eine coole Idee des temporären Tattoos. Könnte man so etwas wohl auf Strumpfmaterial aufbringen?

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    1. Das wäre einen Versuch wert! So könnte man Tattoos auf den Beinen tragen, ohne sich festlegen zu müssen. Das Schwierigste ist, die Fadenenden unsichtbar zu verstecken.

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  6. Das ist ein schönes klares Motiv und eine tolle Idee!
    Dazu die Stickerei noch auf Tüll ausgeführt, das stelle ich mir schwierig vor. Ist da noch Stoff zur Verstärkung untergelegt?
    Wenn man im Ausland lebt, mit einer fremden Sprache, sieht man die Heimat schon mit anderen Augen, vielleicht etwas verklärt.
    Danke für Deinen originellen Beitrag,
    LG Tychs

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    1. Liebe Tyche, dankeschön! Ich habe keinen Stoff untergelegt. Ursprünglich wollte ich noch ein Banner mit dem Schriftzug "OWL" für Ostwestfalen-Lippe dazusticken, und dann hätte ich wohl ein Stückchen Stoff appliziert, aber das habe ich dann doch nicht gemacht.

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    2. Und "OWL" könnte ja auch als "Ordinary Wizarding Level" missverstanden werden... ;-) Zumindest von Harry Potter Fans.

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  7. Liebe Mond,
    wie cool ist das denn? Ein gesticktes Tattoo auf Tüll. Genial.
    Das Gefühl mit Landschaften, die einem vertraut sind kenne ich ebenfalls.
    herzlich Margot

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  8. Ich finde es sehr spannend, gerade bei Dir über "Heimat" zu lesen - weil du ja immer wieder von St. Petersburg erzählst und klar ist, dass deine "eigentliche Heimat" weit weg ist... Das ist sicher nicht immer leicht auszuhalten. Dein gesticktes Tatoo für sentimentale Momente ist große Klasse - und das Motiv wunderschön! Liebe Grüße, Karin

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  9. Auf deinen Beitrag war ich echt gespannt- und du hast das zuverlässig originell und geschmackvoll ausgeführt.
    Diese langen Spannstiche bringen die Farben zum leuchten!

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    1. Ich habe gerade eine Hunderterpackung Stickgarn gekauft - und der erste Griff geht immer zu den Lieblingsfarben...
      Danke, Griselda!

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  10. Eine sehr gelungene Idee, ein textiles Tatoo!!!
    Ich kann gut verstehen, was du über Sprache sagst. Je jünger, um so besser, daran glaube ich auch. Mehrsprachig groß zu werden ist toll.
    viele Grüße, Karen

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